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V2015-03 – Buchvorstellung „Schmelztiegel Penzberg“ (Verein)

 

Nach vielen Monaten Arbeit war es nun so weit:

 

Wir konnten unsere Dokumentation über die Zeit 1945 bis 1954 in Penzberg und Umgebung fertigstellen!

 

Wie Sie vermutlich wissen, hatten wir uns in einem Projekt mit der Fragestellung auseinander gesetzt, wie es eigentlich damals, kurz nach Kriegsende war, als massenhaft Flüchtlinge und Heimatvertriebene in Penzberg und Umgebung eine neue Heimat fanden.

 

Wir hatten dazu 33 Zeitzeugen befragt, die als Neubürger hierher kamen. Was ihnen erzählenswert war und ihnen auch 70 Jahre nach dieser Zeit noch im Gedächtnis haften geblieben ist, haben sie uns bereitwillig erzählt.

 

So ist ein Dokumentationsband entstanden, durch Fotos und Karten angereichert, der einen tiefen Einblick in Strukturen, Sorgen, Hoffnungen, Probleme der damaligen Zeit gibt. Er beschreibt somit diese Nachkriegszeit unter soziologisch-migrativem Schwerpunkt hier in Penzberg und Umgebung.

 

Diesen Dokumentationband

 

„Schmelztiegel Penzberg – Die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen 1945-1954“

 

stellten wir am

Sonntag, den 01.03.2015 ab 14:30 Uhr im Barbarasaal der Pfarrei Christkönig (Penzberg-Zentrum) in einer Feierstunde der Öffentlichkeit vor.

 

Das kleine Volksmusikensemble Penzberg umrahmte die Veranstaltung musikalisch.

 

Genau 100 Gäste waren gekommen um an dieser Feierstunde teilzunehmen. Sehr gefreut hat uns, dass auch 3 Stadträte anwesend waren, darunter der 3. Bürgermeister Hr. Schmuck. Ebenfalls waren die Penzberger Bergknappen und weitere Vereine vertreten, die in diesen ersten Nachkriegsjahren durch die Neuankömmlinge einen nicht unerheblichen Mitgliederzustrom verzeichnen konnten oder sich gar in dieser Zeit gegründet hatten. Ebenso war Herr Idriz, der Imam von Penzberg, unter den Zuhörern. Dadurch wurde dieser Nachmittag auch interkulturell mit der heutigen Zeit verbunden, in der wieder viele Flüchtlinge (allerdings mit ganz anderen Rahmenbedingungen) nach Deutschland kommen. Viele Umlandgemeinden und Vereine aus Nachbarorten waren anwesend. So nahmen neben dem 2. Bürgermeister von Iffeldorf, Hr. Lang, auch etliche Landsmannschaften aus Geretsried und Weilheim teil. Besonders gefreut hat uns, dass sich auch junge Gäste einfanden, sogar Schüler waren gekommen um bei unserem Fest dabei zu sein.

 

Aber all das wäre nutzlos gewesen, wenn nicht 17 unserer Interviewpartner ebenfalls den Weg in den Barbarasaal gefunden hätten. Sie sollten ja die Hauptpersonen dieses Nachmittags sein. Bedauerlicherweise haben einige unserer Interviewpartner diese Buchpräsentation nicht mehr erleben können. Ihnen sei einen Augenblick gedacht und noch posthum gedankt. Anderen Interviewpartnern war es aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, selbst zu erscheinen. Für diese nicht anwesenden Zeitzeugen waren teilweise deren Familienangehörigen gekommen.

 

In diesem Zusammenhang möchten wir auch sein sehr großes Lob an das „Kleine Volksmusikensemble Penzberg“ aussprechen, das mit den 6 Musizierenden auf Zupf- und Schlaginstrumenten (Hackbrett, Zither, Harfe) mit wunderschönen Musikstücken den Nachmittag ganz zart und einfühlsam umrahmt und begleitet hatte. Dafür bedanken wir uns sehr bei diesen Musikkünstlern.

 

Nach der musikalischen Eröffnung mit zwei Stücken erklärte der Vorsitzende, Herr Peren, wie es zu diesem Projekt kam und wie aus der Idee schließlich ein Buch wurde:

 

Ein Vereinsmitglied, Frau Schloßbauer, hatte schon lange die Idee, die Zeit der ersten Nachkriegsjahre dokumentarisch durch unseren Verein aufzuarbeiten. Ihr war aufgefallen, dass diese Zeit vom Stadtchronisten Luberger nicht berücksichtigt worden war und somit in der Penzberger Geschichtsschreibung fehlte. Die ersten Vorplanungen zur Realisierung wurden Ende 2011 besprochen. Es war klar, dass wir im Verein zu wenig Personal hatten und somit zwingend für dieses Projekt auf einen Kooperationspartner angewiesen waren. Auch wurde beschlossen, dass die Zeit am besten dadurch realitätsnah zu beleuchten sei, wenn Personen darüber berichten würden, die diese Zeit selbst miterlebt hatten. 2012 wurden Handzettel bei Ärzten, karitativen und kirchlichen Einrichtungen verteilt um Flüchtlinge und Heimatvertriebene ausfindig zu machen, die bereit waren, sich über die Zeit von 1945 bis 1954 interviewen zu lassen. Auch hier hatte Frau Schloßbauer einen großen Anteil daran, dass so viele Zeitzeugen ermittelt werden konnten. Die Suche nach einem Kooperationspartner war letztlich bei der Katholischen Stiftungsfachhochschule in Benediktbeuern erfolgreich: Herr Prof. Dr. Wippermann führte mit seinen Studenten ein Seminar im Rahmen der Soziologie durch, bei der es um die wissenschaftliche Durchführung von Zeitzeugeninterviews in Theorie und Praxis ging. Der Praxisteil waren die Interviews mit unseren Zeitzeugen. Nach Abschluss des Seminars erhielt der Verein drei dicke Ordner an Material inklusive den wörtlich transkribierten Interviews der Zeitzeugen zur weiteren Verwendung. Diese Unterlagen waren der Grundstock für das hier vorgelegte Buch. Um auch die Sichtweise der damals Einheimischen im Werk berücksichtigen zu können, wurden 2013 zwei Erzähltreffs durchgeführt, die ebenfalls aufgezeichnet wurden, so dass die dortigen Beiträge nachhörbar zur Verfügung standen. Es wurden auch die Zeitungen von damals auf entsprechende Artikel durchgesehen und in das Buch eingearbeitet. Schließlich wurden noch einige Fotos, die uns von den Zeitzeugen zur Verfügung gestellt wurden sowie mehrere Karten verwendet.

 

Die so erlangten Daten in eine lesbare und vorzeigbare Form zu bringen, hatte dankenswerterweise die Schriftführerin des Vereins, Frau Kaulbarsch übernommen. In vielen 100 Stunden hat sie die Aussagen der Interviews inhaltlich gruppiert und textlich gestaltet. Dabei ergab sich letztlich als Gliederung die Herkunft der Neubürger. Da alle Interviews durch das wissenschaftliche Vorgehen der Studenten die gleiche Struktur hatten, konnten die einzelnen Themenblöcke leichter inhaltlich zusammengefasst werden. Frau Kaulbarsch hat sich auch um das gesamte Layout gekümmert und kann somit getrost als die Chefredakteurin dieses Werkes bezeichnet werden.

 

Um die Kosten für den Druck zu senken, hatte der Verein die Stadt Penzberg und die Volksbank Werdenfels um einen Zuschuss gebeten. Beide Einrichtungen entsprachen unserer Bitte. Dafür bedanken wir uns an dieser Stelle nochmals bei den Enscheidungsträgern ganz recht herzlich.

 

Als der Vorstand bei der Stadt bezüglich des Zuschusses vorsprach, sah sich Frau Zehetner, die 1. Bürgermeisterin von Penzberg, das Inhaltsverzeichnis an und machte uns darauf aufmerksam, dass die Siebenbürger fehlten. Folglich hatten wir die Drucklegung verschoben und durch einen weiteren Aufruf in der Presse mit Erfolg noch zwei Zeitzeugen aus Siebenbürgen gefunden, die zu einem Interview bereit waren.

 

Trotz dieser Verzögerung konnte der Verein das selbst gesteckte Ziel erreichen und das Werk im ersten Quartal 2015 der Öffentlichkeit präsentieren. Denn vor genau 70 Jahren kamen die ersten „Evakuierten“, wie sie von den damaligen Machthabern genannt wurden, aus den damals schon Frontgebieten im Osten und Südosten Europas.

 

An dieser Stelle dankte Herr Peren allen Interviewpartnern sehr und betonte, dass ohne sie dieses Werk niemals zustande gekommen wäre.

 

In ihrem Grußwort bezeichnete die 1. Bürgermeisterin der Stadt Penzberg, Frau Zehetner, in einem hörbar ernstgemeinten Lob das Werk als „gelebte Vereinsarbeit“, welches für die Allgemeinheit einen dauerhaften Nutzen habe. Es erinnere an die schwere Zeit des Neuanfangs in der Fremde der vielen Personen, die aufgrund der damaligen Umstände gezwungenermaßen ihre Heimat verlassen mussten. Sie betonte, dass durch diese Neubürger auch viele neue Aspekte nach Penzberg kamen und somit diese Menschen Penzberg auch stark mit Kultur und Tradition bereichert hatten. Neue Vereine wurden gegründet, Brauchtum aus der alten Heimat mitgebracht und hier weitergepflegt. Sie stellte heraus, dass das Penzberg von heute sich nur durch die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen so entwickeln konnte, wie wir es heute erleben. Sie nahm diese damalige Situation zum Anlass, die vielen Flüchtlinge, die heute nach Deutschland kommen, nicht nur als Gefahr sondern auch als Bereicherung zu sehen. Sie dankte dem Verein für die Überlassung eines Werkes für das Stadtarchiv und äußerte die Überzeugung, dass es eine wichtige Unterlage zur Stadtgeschichte sei. Dabei betonte sie, dass sie einen „Lesevorsprung“ hatte, da sie das Buch schon einige Tage vor der Feierstunde als Leseexemplar erhalten hatte und würdigte es als „einfühlsam und ergreifend und sehr verständlich geschrieben“.

 

Es folgte programmgemäß die musikalische Einlage „Penzberger Mazurka“, welche jedoch nicht nach dem hiesigen Penzberg benannt ist, sondern nach einem gleichnamigen Ort im Chiemgau, wie Herr Kapfer, der 2. Vorsitzende und gleichzeitig einer der Musiker des „kleinen Volksmusikensembles Penzberg“ erklärte.

 

Frau Kaulbarsch stellte im Anschluss das Buch inhaltlich vor und las kürzere Passagen vor, darunter ein Gedicht, welches den Verlust der Heimat zum Inhalt hatte. Sie berichtete, dass die Arbeit mit den Zeitzeugen sehr behutsam sein musste, da durch die Beschäftigung mit dem Thema alte Erinnerungen wieder geweckt wurden und von besonders beeindruckenden Aussagen, z.B. dass die Wanzen nicht nur in den Betten waren sondern auch von der Zimmerdecke herunterfielen. Bei ihren Ausführungen nickte so mancher Zeitzeuge zustimmend. Auch hob sie hervor, dass damals trotz aller Probleme ein starkes Miteinander und gegenseitige Hilfe zu spüren war und führte einen Penzberger an, der eine vierköpfige Familie bei sich aufnahm, für das Zimmer keinen Pfennig Miete verlangte und obendrein der Familie hin und wieder noch ein paar Stücke Kohle schenkte.

 

Nach der Musikeinlage „Walzer aus dem Bayerischen Wald“ wurden die Zeitzeugen durch Hr. Peren in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen um Ihr Gratisexemplar des Buches zu erhalten. Teilweise waren Familienangehörige oder auch Nachbarn statt des Interviewpartners gekommen. Jeder Interviewpartner wurde vom Publikum mit anhaltendem Applaus gefeiert. So wurde die Übergabe der Bücher ungeplant zu einer völlig berechtigten Ehrung der damaligen Neubürger, die viel zum Aufbau Penzbergs beigetragen hatten.

 

Die Presse nahm die Buchübergabe zum Anlass, ein Gruppenbild mit allen anwesenden Interviewpartnern zu machen. Im Anschluss daran folgte ein Gruppenbild mit Frau Kaulbarsch als Chefredakteurin, Frau Schlossbauer als Ideengeberin und Hr. Peren als Vereinsvorsitzenden.

 

Danach spielte das  „Kleine Volksmusikensemble Penzberg“ noch zwei weitere sehr schöne Stücke (Über d’Alma; Langsamer Landler) und leitete damit das gesellige Beisammensein bei fair gehandeltem Kaffee und überwiegend selbst gebackenem Kuchen ein, bei dem es die Möglichkeit zum Austausch von Erinnerungen für alle Anwesenden gab.

 

Gegen 16:30 Uhr gingen die ersten Teilnehmer. Einige wenige blieben bis gegen 17:00 Uhr und halfen uns dann teilweise sogar noch beim Aufräumen. Dafür sagen wir ein Herzliches „Vergelt’s Gott“.

 

Im Zusammenhang mit der Organisation des Nachmittags bedanken wir uns sehr beim Vorbereitungskreis und den vielen fleißigen Händen, die eingekauft, gebacken, Kaffee gekocht, Tische aufgestellt und dekoriert hatten sowie am Ende wieder alles aufgeräumt und sauber gemacht hatten und vieles mehr. Vielen, vielen Dank an alle. Ihr wart alle toll, ohne Euch wäre dieser Nachmittag nicht so gelungen!

 

Ich als Vorsitzender möchte es nicht versäumen, dem stellvertretenden Vorsitzenden und Gründer unseres Vereins, Herrn Max Kapfer, sehr zu danken: Er hat sich dafür eingesetzt, dass das „Kleine Volksmusikensemble Penzberg“ unsere Veranstaltung so schön umrahmt hat und hat darüber hinaus auch die Gestaltung der Tischblätter übernommen, auf denen das Programm abgedruckt war. Mir persönlich (und nicht nur mir) haben diese Tischblätter sehr gefallen. Daher möchten wir Ihnen die Möglichkeit geben dieses Blatt hier anzuschauen.

 

 

Rund ein Jahr später gestaltet Herr Andreas Baar die Samstagsseite zum „Schmelzteigel Penzberg“ im Penzberger Merkur am 19.3.2016